Expedition in die Tiefen der Komplexität

Workshop in einer Bar im Leipziger Westen (Foto: Peter Wittmann)

Wenn man an einem sehr sonnigen Tag in einen dunklen Raum kommt, kann man zuerst gar nichts sehen. Jeder kennt das. Oder man fährt auf der Autobahn und muss plötzlich von 190 auf 60 Stundenkilometer abbremsen. Dann hat man den Eindruck, man würde sich kaum von der Stelle bewegen. Obwohl 60 gar nicht so langsam ist. So ähnlich fühlt es sich an, wenn man aus dem Journalismus in die Wissenschaft wechselt. Das habe ich gespürt, als ich das Leibniz-Institut für Länderkunde in Leipzig betreten habe.

Zeitregime

Es war ein sehr warmer sonniger Sommertag. Ich war durch halb Berlin gefahren, dann im ICE durch Brandenburg und Sachsen gerast, stets mit aufgeklapptem Rechner, auf dem Klapptisch oder auf dem Schoß, während dem Umsteigen – schnell die Mails checken und beantworten –, die letzten Hundert Meter gerannt, weil ich etwas spät dran war. Dann bin ich am Ziel, im Institut für Länderkunde.

Es wäre falsch zu sagen, dass ich schlecht vorbereitet war. Die Schnittstelle zwischen Journalismus und Wissenschaft ist es schließlich, wo ich mich verorte, und 2019 noch reflektierte ich es in einem Artikel als die größte Herausforderung für die Zusammenarbeit beider „Welten“ – die unterschiedlichen Anforderungen in Bezug auf Zeit. Trotzdem war ich anfangs irritiert: Hier scheint ja gar nichts zu passieren. Man geht in ein Büro, setzt sich und unterhält sich eine Stunde. Dann geht man durch den Flur (s. „Der Flur“) und bleibt 15 Minuten an einer Karte hängen. Dann nur drei Meter entfernt weitere 15 Minuten an der zweiten. Noch drei Meter – die dritte Karte, wieder 15 Minuten. Bis ich bin, wo ich hinwollte, ist schon Mittagszeit und man sammelt sich zum Gang in die Kantine (s. Kantine). Dort steht man Schlange, isst in aller Ruhe, geht zurück und tauscht sich vor dem Institut mit anderen aus. Zurück im Büro, wird erstmal eine Tasse Kaffee getrunken und über eine weitere Karte, nun aber im Büro aufgehängt, gesprochen. In der anderen Ecke hängt übrigens noch eine Karte … und dann neigt sich der Tag fast schon seinem Ende. Tja, wenig geschafft, aber gut. War ja auch der erste Tag. Morgen gebe ich Vollgas.

Auf dem Rückweg sammle ich die Eindrücke des Tages zusammen. Gelernt habe ich hauptsächlich eine Sache: everything is mappable, wie eine Wissenschaftlerin nebenbei sagte. Praktisch: Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler gehen mit der Zeit scheinbar sehr ineffizient um. Kein Wunder, dass manchmal Jahre vergehen, bis man wissenschaftliche Ergebnisse liefert. Kein Wunder, dass oft weitere Jahre vergehen, bis diese Ergebnisse in die öffentliche Debatte gelangen. Die alten Stereotype sind also bestätigt. Mit der Erkenntnis dauert es noch, die kommt erst später: Mit Ineffizienz hat es nichts zu tun, es handelt sich um ein anderes Zeitregime, dessen (seltsame) Struktur ich erst mit der Zeit zu verstehen und zu schätzen begann. Und zwar zuerst im Flur.

Der Flur

Das Institut befindet sich derzeit an einem Noplace, versteckt zwischen einem riesigen Einkaufszentrum und einem Polizeirevier am östlichen Rand von Leipzig. Es ist ein langes vierstöckiges Bürogebäude, durch jedes Stockwerk führt ein langer Flur mit unzähligen Türen. Für den zweiten Tag habe ich mir vorgenommen, alle Flure durchzuarbeiten, um das Institut samt seinen Bewohnern besser kennenzulernen.

Mein Vergil heißt Peter und wir fangen mit dem ersten Stock an. Wir klopfen an alle Türen und schauen in ein Büro nach dem anderen. Egal, ob die Tür offen oder geschlossen ist, jede und jeder reagiert auf eine sehr ähnliche Art: Jedes Mal scheinen sie gar nicht verstehen, was gerade passiert. Sie scheinen nicht bloß aus der konzentrierten Arbeit, sondern vielmehr aus einer anderen Welt rausgerissen zu werden, und wir stoßen stets auf irritierte Blicke: Wer, was, ah, Journalist in Residence, ja, ich habe schon was gehört. Was ich mache? Dies und das. Aber wollen wir uns vielleicht mal auf einen Kaffee verabreden? Oder kommen Sie zur Abteilungssitzung vorbei.

Irgendwann wird es mir auch unangenehm. Je weiter desto mehr fühle ich, ich bin hier ein Fremder. Und ich wäre auch ganz verzweifelt, wenn zwischen den Versuchen, die weiteren Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler zu überfallen, nicht auch viel Anderes passierte.

Das war die Erkenntnis des zweiten Tages: Das Wichtigste passiert im Flur, und dort finden auch die wichtigsten Gespräche statt. Das sind eben diese Momente, wo die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus ihren eigenen Welten rauskommen, um einen Kaffee aus einer der kleinen Teeküchen zu holen und sich auszutauschen. So wie sie gerade noch konzentriert in ihrem Büro gearbeitet haben, konzentrieren sie sich jetzt auf dich und darauf, was du sagst. Sie kommen raus, offen, neugierig, gesprächig und räumen viel Zeit dafür ein.

Der Institutsflur ist der Ort, wo man eigene Gedanken spontan testet, wo man die Menschen kennenlernt, wo man Termine ausmacht, wo man „bis aufs Messer“ diskutiert. Ein Ort der Synergie. Wo die Nervenzellen des ganzen Organismus aufeinandertreffen und sich vernetzen. Erstmal chaotisch, denn im Flur sind Kommunikationsakte nicht reglementiert. Für Ordnung sorgen andere Formate, die ich noch kennenlernen soll.

Auf dem Rückweg nach Berlin hatte ich das Gefühl, ich fange langsam an zu verstehen, wie das Institut tickt und wie man die Beziehungen zu den Leuten aufbauen kann. Peter und ich klapperten damals drei Etagen ab, und das war gut, denn so konnte ich überhaupt erst die Dimensionen des Instituts und das inhaltliche Spektrum nachvollziehen. Wenn ich jedoch in der ganzen Zeit meines Fellowships eine einzige Sache anderes machen dürfte, wäre es genau diese Aktion: Rückblickend würde ich sagen, Peter und ich hätten den ganzen Tag einfach im Flur stehen müssen. Letztlich formte sich ausgerechnet da das ganze Programm für die kommenden Monate.

Die Kantine

Während im Flur die Themen angerissen werden, werden sie in der Kantine vertieft. Die Kantine, die die Institutsbeschäftigten nutzen dürfen, ist ein etwas ungewöhnlicher Ort: Nirgendwo in der Stadt fühlt man sich so sicher wie hier. Denn man ist stets umgeben von mehreren Polizistinnen und Polizisten, die gerade von einer Einsatzfahrt zurück sind oder sich von der Büroarbeit erholen. Es braucht etwas Zeit, um sich daran zu gewöhnen.

In der Kantine tauchte ich in die Welt der Karten ein. Nicht, weil da welche an den Wänden hängen – hier wird nur der Menüplan für die ganze Woche aufgehängt. Aber genau hier habe ich in vielen Gesprächen erfahren, wie man mit einer geografischen Karte – auch – lügen kann. Und wie man mit Karten die Welt zu konstruieren beansprucht. Und wie diese konstruierte Welt dann das Bewusstsein dominieren und, manchmal rückwirkend, Entscheidungen beeinflussen kann. Auch die, die in einen Krieg münden können.

Jeder Besuch der Kantine war für mich jeweils ein Crashkurs in einem Teilbereich der Geografie: politische oder historische Geografie, Raumsemantik, Geografie des Holocaust, Geschichte der Geografie und Kartografie … Dann folgten follow ups, bei denen die ehemaligen Tischnachbarn mich mit Literatur versorgten. Was wiederum zu neuen Gesprächen führte, nun aber in Büros. 

Langsam habe ich auch angefangen, die Karten an den Flurwänden des Instituts zu verstehen. Wie auch das, was mir am ersten Tag über sie erzählt wurde.        

Raumordnung

Jedes Gespräch öffnete ein neues Fass mit neuen Details und Aspekten. Anfangs schien es eine chaotische Masse an Informationen zu sein, die irgendwie mit Geografie und Karten irgendwie zu tun hat. Langsam konnte ich jedoch ein Muster erkennen: Unabhängig davon, wozu genau eine konkrete Wissenschaftlerin oder ein konkreter Wissenschaftler forscht (propagandistische Karten der Sowjetunion, Mobilität in Sachsen, Coworking Spaces, Kfz-Altkennzeichen oder Geschichte des Heiligen Römischen Reichs Deutscher Nation) beschäftigt man sich am Institut letztlich damit, wie Menschen durch eigenes Handeln den Raum strukturieren und wie Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler dies dekonstruieren müssen, damit man den Raum nachvollziehen kann. Oder ein bisschen genereller: damit wir uns selbst in Beziehung zum Raum besser verstehen können. Lasst uns diese Themenkarte noch ein Stück generalisieren: Damit wir besser verstehen, wer wir eigentlich sind.

Auch wenn es zu allgemein zu sein scheint, genau das ist es, was die meisten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler antreibt. Nicht etwa ein „schöner“ Büroalltag am östlichen Rand von Leipzig, zwischen Einkaufszentrum und Polizei, sondern eine Möglichkeit, etwas über uns besser zu verstehen, und die Freude daran, etwas besser verstanden zu haben – eine Freude an der Komplexität.

Noch bevor ich in das Institut kam, formulierte ich für mich einen Dreizeiler: Die Welt ist komplex. Die Komplexität der Welt ist ein Wert. Aber auch eine Freude. Am IfL musste ich feststellen: Die Welt ist noch verdammt komplexer, als ich dachte. Wenn man auf die Forschung von außen schaut, sieht man vor allem die unzähligen Splitter dieser komplexen Welt, die kaum zu einem einheitlichen Bild werden. 

Der russische Schriftsteller Vladimir Nabokov hat einst eine Metapher entwickelt: Unser Leben sei ein Teppich. Wenn wir uns mitten im Leben befinden, sehen wir nur die Rückseite – ein Chaos von Fäden und Knoten, die oft keinen Sinn beziehungsweise kein Muster ergeben. Aber das Muster gäbe es und es sei prachtvoll. Weiter meinte er: All die sich langsam entwickelten Medaillons, lanzettförmigen Blätter und andersartigen floralen Motive, deren Betrachtung so viel Spaß bereitet, kann man nur mit Hilfe der Kunst sehen.

Meine These: auch mit Hilfe der Wissenschaft. Wenn man es geschafft hat, sich irgendwie in die Wissenschaft hineinzuschleichen, sieht man plötzlich dieses schöne Muster.

Und das IfL macht es eben hervorragend, als ein großer Organismus mit mehreren Fühlern, die das aktuelle Geschehen erkunden, soziale Prozesse analysieren, diesen eine historische Tiefe geben, neue Methoden entwickeln und zwar in Kooperation miteinander und mit unzähligen weiteren Instituten, die in der ganzen Welt verstreut sind.

Den Ort am Rand von Leipzig begreife ich langsam als wichtigen Knoten in einem großen Netz von Menschen und Instituten. Ein Knoten, der den prachtvollen Teppich unserer (ebenso prachtvollen) Realität webt. Mit Verstand und mit Freude.

Diese Freude hat etwas Magisches an sich. Man ist neugierig und will verstehen, wie diese komplexe Welt funktioniert. Man hat Freude am Nachfragen, Erforschen und tiefer gehen. So tief, dass man erst gar nicht kapiert, was für ein Journalist in Residence das Büro gerade überfallen hat und was er eigentlich will. Und es sieht so aus, dass diese Freude bei den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler vorprogrammiert ist, als eine Art innerer Zwang. Und man hat auch Freude daran, die Erkenntnisse weiterzutragen. Wo es jedoch manchmal hakt: Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler können in der Regel kaum nachvollziehen, dass die anderen Menschen diesen inneren Zwang nicht unbedingt haben. Warum eigentlich?

Magic

Jede Freude ist eigentlich ein bisschen magisch. Die kognitive Freude ist besonders geheimnisvoll – wir freuen uns „schlicht“, weil wir etwas (besser) verstanden haben. Aber es ist eben das Wunder: Etwas besser zu verstehen, ist kein Normalfall. Es ist ein Ausnahmezustand. Und diesen habe ich am IfL genauer angeschaut. 

Ich hatte eine (unwissenschaftliche) Typologie der Wissenschaftler:innen entwickelt. Es gibt solche, die das eigene Thema richtig cool finden. Es ist DAS Thema, ein Schlüsselthema, und alle müssen es genauso cool finden. Komisch, wenn nicht. Es gibt andere, die von Methoden total fasziniert sind: Man wendet etwas an und bekommt die Ergebnisse, das ist ja Wahnsinn! Und es gibt solche, die die Welt verändern wollen – sie glauben, mit der Forschung einen wichtigen Beitrag für die Gesellschaft zu leisten. Eigentlich ist es immer eine Mischung von Motivationen, aber meiner Beobachtung nach dominiert immer eine.

Was bei Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler so gut funktioniert, funktioniert da draußen aber nur selten. Alle drei Motive haben ein enormes Potenzial, sind jedoch meistens schwer oder unverständlich. Es wäre falsch zu sagen, den wissenschaftlichen Inhalten mangele es an Relevanz: Viele wissenschaftliche Themen sind durchaus relevant, und man würde das auch nie bestreiten. Diese Relevanz ist aber meistens abstrakt und muss aktiviert werden. Man kann es vielleicht aktive Relevanz nennen – etwas, das unmittelbar als relevant empfunden wird. Akut relevant ist aber in der Regel etwas, was uns bedroht (Krieg, Krise, Pandemie …). Oder etwas, was uns begeistert. Und wie wäre es, wenn man mit der Begeisterung anfangen würde?

Die Wissenschaft ist stark ritualisiert, natürlich auch am IfL. Es gibt Formate – geschlossene und öffentliche. Es gibt Textgattungen – streng wissenschaftliche und populäre. Sie alle gehen aber nicht über die eigene wissenschaftliche Blase hinaus. Warum? Vermutlich, weil sie eben nicht das transportieren, weswegen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler selbst sich mit diesen Themen beschäftigen: warum die Themen cool sind, warum man von Methoden fasziniert sein kann und warum Forschung zu einer besseren Welt beiträgt? Wenn man versuchen würde, darüber in einem Artikel zu schreiben, würde man von anderen Forschenden komisch angeschaut. Die Gattungen, die Formate und die Räume prägen. Ginge es aber anderes?

Diese Überlegungen haben mich dazu bewogen, in der zweiten Hälfte meiner Residenz am IfL die reine Beobachterposition zu verlassen und in die Offensive zu gehen. Mir ging es darum, die ritualisierten Praktiken zu durchbrechen und die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler überall herauszufordern, wo es nur möglich war. Vor allem durch eine einzige Frage: Wie wäre es, wenn man es anders macht?

Bar

Manchmal ging es einfach darum, dass die Forschenden einfach konsequent das umsetzen, was sie auf die Fahne schreiben. Zum Beispiel: Wenn man die kartografische Darstellung des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation als fragmentierten Flickenteppich in wissenschaftlichen Texten so stark kritisiert, wie wäre es, wenn man auf der Karte gar keine (buchstäblich: KEINE) Grenzen zeichnet? Oder wie wäre es, wenn man auch auf die Küstenlinien verzichtet? Auf die Flüsse und Städte. Und würde erstmal versuchen, auf einem weißen Blatt Papier die Daten einzutragen und dann schauen? Oder wie wäre es, wenn man die zeitliche Dimension der Betrachtung einer Karte in die Karte selbst integriert? Und weitere etwas verrückte Vorschläge, die ich ja durchaus machen durfte, denn ich bin ein Laie, habe keine Ahnung, wie der Hase hier läuft.

Dann habe ich bemerkt: Bei einigen Menschen setzen meine seltsamen Fragen einen Gedankenprozess in Gang, andere dagegen tippen gedanklich den Finger an die Stirn: Wie, eine historische Karte ohne Staatsgrenzen? Ne, das gibt´s nicht. Als ich diese starke Abwehr spürte, entschied ich, ein Experiment zu machen und dabei etwas auszunutzen, was ich bereits in den ersten Tagen erlebt hatte. Nämlich einen Workshop durchführen, in einem Raum, in dem das ritualisierte Verhalten nachlässt. Erst dachte ich an den Flur. Dann an die Kantine. Dann … und das war ein Volltreffer: an eine Bar.

Ende September versammelten sich mehr als ein Dutzend Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in einer Bar im Westen der Stadt, um sich über eigene Forschungsthemen auszutauschen. Wir fingen stehend an und jeder sollte zwei Sachen über sich erzählen: Eine sollte stimmen, die andere – ausgedacht werden. Und man konnte sehen, wie schwer es war, selbst in einer Barsituation, in einem völlig anderen Raum und Kontext die Rolle des Wissenschaftlers oder der Wissenschaftlerin zu verlassen. Es kamen lauter: Ich habe das und das studiert, forsche aber zu diesem und jenem. Also, er oder sie hat entweder etwas Anderes studiert oder forscht zu einem anderen Thema – sehr aufregend! Und es dauerte mindestens zwei Stunden, bis (fast) alle sich sehr langsam öffneten und aus der wissenschaftlichen Haut rausgekrabbelt sind. Und man merkte langsam: Krass, ich kann mich „nicht-wissenschaftlich“ verhalten und ausdrücken, ohne eigene Expertise zu verlieren, oder dumm zu werden oder schiefe Blicke abzubekommen. So etwas braucht Zeit. Und das Experiment hat gezeigt, selbst ein Tag in einer Bar ist viel zu wenig. Und wie einer der Wissenschaftler später sagte: „Wichtig ist, diese Erfahrung immer wieder zu machen, denn man verlernt es schnell wieder“.

Es braucht Zeit. Wie es bei mir auch Zeit gebraucht hat, zu verstehen, wie das Institut und seine Bewohner ticken. Es braucht Zeit, um sich aufeinander einzulassen. Es braucht Zeit, damit man den anderen versteht. Und es braucht Räume, die noch gestaltet und strukturiert werden müssen. Und wenn man es nicht schafft – sei es aus der Perspektive der Wissenschaft oder des Journalismus –, bleibt an beiden Enden nur eine krasse Unzufriedenheit: „Diese doofen Journalisten haben mich verfälscht oder verflacht wiedergegeben“ vs. „diese Wissenschaftler können weder verständlich sprechen noch schreiben“. Verloren haben dabei in jedem Fall die Leserinnen und Leser. Aber es geht anders! Ich habe es ausprobiert. Wenn man an einem sehr sonnigen Tag in einen dunklen Raum kommt, kann man zuerst gar nichts sehen. Dann sieht man aber sehr wohl gut.


Foto: Peter Wittmann

Leonid A. Klimov ist Wissenschaftsredakteur von dekoder und koordiniert die Arbeit der akademischen Experten in den Bereichen Geschichte und Kultur. Die 2021 mit dem Grimme Online Award ausgezeichnete deutsche Internetplattform veröffentlicht russischen und belarussischen Journalismus in deutscher Übersetzung mit kontextualisierenden Beiträgen europäischer Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler. Im Sommer 2023 verbrachte Leonid A. Klimov zwei Monate als Leibniz R Journalist in Residence am IfL.

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