Wir tooltippen jetzt!

Auf den ersten Blick scheinen die Deutschland-Karten auf aktuell.nationalatlas.de wie immer: Sie überzeugen mit ästhetischer sowie kartographisch korrekter Darstellung und sind mit unserem „Prüfsiegel“ – dem IfL-Signet – versehen. Wer jedoch neugierig bleibt, wird von nun an mit ergänzenden Detailinformationen belohnt! Und so geht’s: Mit dem Scrollrad in die eigene Heimat gezoomt, eine sanfte Bewegung des Mauszeigers über eine der Signaturen & „Plopp!“. Doch was genau ploppt da eigentlich auf?

Das Beitragsarchiv des Nationalatlas aktuell ist seit dem Start des Webangebots im Jahr 2007 auf mehr als 700 thematische Karten, erläuternde Grafiken und Tabellen angewachsen, die technisch auf dem Flash-/SWF-Format basieren. Die steigende Kritik gegenüber dem Flash Player, die geringe Zahl unterstützender Browser wie auch der ausbleibende Support seitens Adobe ließen uns über Alternativen nachdenken: Die Herausforderung bestand in der Überführung aller Inhalte in eine langfristig nutzbare und bearbeitungsfreundliche Technologie, die zudem mit unserem Workflow korrespondiert. Wie gehabt wird die Karte dabei von den Kartographie-Mitarbeiterinnen konzeptioniert und in Adobe Illustrator umgesetzt. Mithilfe des kartographischen Erweiterungstools MAPublisher werden die räumlichen Daten im Ausgabeformat bereitgestellt und sind anschließend in der HTML via PHP ansprechbar. Die Entscheidung fiel letztlich auf das vektorbasierte SVG-Format (Scalable Vector Graphics), das sich seit seiner Einführung vor 20 Jahren durch plattform-, software- und herstellerunabhängige Verarbeitung sowie eine menschenlesbare Syntax bewährt. Dies ermöglicht eine schnelle und einfache Bearbeitung aller Kartenelemente und erfordert wenig Programmier-Know-how. Zudem lassen sich die Karten und Grafiken ohne Qualitätsverlust fast beliebig skalieren.

So weit, so gut. Wir haben den ungeliebten Flash Player hinter uns gelassen, aber nun interessieren uns natürlich auch die Interaktionen! Bleiben wir beim Skalieren und leiten direkt zum Gewohnheitstier Mensch über. Zoom & Pan (Verkleinern/Vergrößern & Verschieben) ist im Zeitalter von Tablets und Smartphones nicht mehr wegzudenken und die gleiche Performance erwarten wir natürlich auch von Webseiten. Auf den Rollradrücken unserer Mäuse wollen wir uns geschmeidig vom Großen ins Detail und zurück bewegen können – ohne auf Buttons angewiesen zu sein. Diese Standardanforderung und Verbesserung konnten wir mittels JavaScript realisieren. Mit Blick auf die Deutschlandkarten des IfL ist vor allem aber die Erzeugung der SVG-Dateien ein entscheidender Faktor im Ablauf, da beispielsweise nur die Karte selbst zoomfähig sein soll. Die Legende bleibt hingegen statisch und jederzeit sichtbar. In Illustrator müssen Karte und Legende daher voneinander separiert werden, sodass zwei SVGs resultieren.

Wir tooltippen jetzt!“: Ein schönes Aprosdoketon1 und dem Original ähnlicher als erwartet, denn arbeitet man in HTML und PHP lange genug an seinem ersten Tooltip, ist es fast, als ginge man eine Beziehung mit ihm ein. Dabei geht es um Ästhetik und Funktion, um genaues Ansteuern und gute Performance – letztendlich um das Annähern zur Perfektion. Der Tooltip also – eine weitere Interaktion, den man auch Quickinfo oder Popup nennt. Er vermittelt zum thematischen Inhalt bzw. den jeweiligen Standortsignaturen der Karte weitere erläuternde Informationen, die ohne Legende auskommen müssen. So werden beispielsweise konkrete Zahlenwerte oder ergänzende Details temporär durch eine Mauszeiger-Bewegung sichtbar und verschwinden durch selbige wieder. Gleichzeitig wird das ausgewählte Element ge>highlight<et.

Bei all der Spielerei für Neugierige und Detailverliebte steht es dem Nutzer weiterhin frei, diese Interaktion zu nutzen oder sich auf die Karte als solche zu konzentrieren; entscheidend ist, dass Letztere für sich funktioniert und funktionieren soll! Dafür zu sorgen, ist und bleibt Aufgabe der Arbeitsgruppe Kartographie, in Absprache mit der Redaktion und Autorenschaft. Um die Karte im Web interaktiv zur Verfügung stellen zu können, ist eine zusätzliche Programmierkomponente im Arbeitsablauf unabdingbar, im Zentrum stehen aber weiterhin die Karte und der Anspruch höchster kartographischer Qualität. Ob interaktive Elemente sinnvoll sind oder nicht, muss dabei von Beitrag zu Beitrag entschieden werden. Der Inhalt unserer Karten sollte nicht von technischen Aspekten (der Form) bestimmt werden; auch nicht von der Freude an einem flüssig laufenden Tooltip!

Bleibt neugierig!


Kristin Bolanz ist technische Mitarbeiterin in der Abteilung Kartographie und Visuelle Kommunikation .

1 „Die Aprosdoketon ist ein unvorhergesehenes, überraschend angewandtes, auffälliges Wort beziehungsweise ein Ausdruck, anstelle einer zu erwartenden geläufigen Wendung“ (karstennoack.de), hier in Anlehnung an: „Ich parshippe jetzt!“



Die Basis für die Umstellung der digitalen Kartenproduktion auf das SVG-Format erarbeitete Nicole Amberg 2019 in ihrer Bachelorarbeit in Zusammenarbeit mit der Abteilung Kartographie und Visuelle Kommunikation (KVK).

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