Wie lässt sich landeskundliches Wissen – im privaten Bereich und im Schulunterricht – über digitale Spiele vermitteln? Mit dieser Frage setzen wir uns seit knapp drei Jahren in einem vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderten Forschungsprojekt auseinander. Die Herausforderung besteht darin, Landschaft unter Einbezug digitaler Medien und Techniken außerhalb des Klassenraumes vor Ort erfahrbar und erlebbar zu machen. Gemeinsam mit dem Naturpark Barnim entwickeln wir dazu drei Spielformate in der Betaversion.
Landschaft interaktiv erleben
Das digitale Exkursionsspiel Die Jagd durch den Hobrechtswald vermittelt auf unterhaltsame Weise, wie sich eine ursprünglich für die Abwasserentsorgung Berlins genutzte Rieselfeldlandschaft zu einem naturnahen Erholungsraum rund um Hobrechtsfelde entwickelt hat. Während des rund zweistündigen Spieldurchgangs suchen die Spielenden markante Orte auf, die für bestimmte Entwicklungsstadien der Landschaft stehen. Dort treffen sie auf virtuelle Charaktere, zum Beispiel einen Landschaftsplaner, und bekommen verschiedenste Aufgaben, bspw. eine Strecke mittels Triangulation zu messen. Durch die Verschneidung des Vor-Ort-Seins mit dem digitalen Erlebnis auf dem Tablet kann Landschaft und insbesondere deren Entwicklung außerhalb des Klassenraums interaktiv erlebt werden.
Von der Idee zum fertigen Spiel
Die Arbeit an diesem ersten Spielformat lieferte wertvolle Erkenntnisse über die geeignete Abfolge von Arbeitsschritten beim Erstellen eines Spiels.
In der ersten Konzeptionsphase steht die Auswahl der Route und der Lernstationen im Vordergrund, wobei aus didaktischer Sicht das Prinzip „Ein Standort – ein Thema“ gelten sollte. Beim analogen Spieldesign geht es vor allem um das Schreiben einer schlüssigen Rahmenhandlung und der Ausgestaltung von sogenannten Nicht-Spieler-Charakteren, welche die Verbindung der Spielenden zur Story gewährleisten. Für die Wissensvermittlung bieten sich dabei sowohl historische als auch fiktive Figuren an. Danach wird das analoge Design digitalisiert und mit Hilfe eines Content Management Systems in ein Spiel umgewandelt. Die wichtigsten Schritte hierbei sind das Verfassen und ggf. Vertonen der Charakterdialoge, die Einbettung verschiedenster Quests und die Produktion von weiteren audiovisuellen Inhalten, zum Beispiel Lernvideos. Als grundlegend ist das spielinterne Feedbacksystem anzusehen. Es dient dazu, die Motivation der Spielenden aufrechtzuerhalten – sei es durch audiovisuelle Reize, z. B. Töne und angepasste Charakterbilder, oder mithilfe eines Belohnungssystems in Form von Punkten, Medaillen oder Ähnlichem.
Die abschließende Test- und Optimierungsphase spielt eine wichtige Rolle für die spätere Akzeptanz der Spiele durch die Zielgruppe. Einerseits sind Pre-Alphatests dafür geeignet, die Meinungen von Fachleuten einzuholen, in diesem Falle Lehrer*innen, Fachdidaktiker*innen, Wissenschaftler*innen. Alpha-Tests dienen andererseits dem ersten Abgleich des Spielformates mit den Interessen der Zielgruppe, in diesem Fall Schülerinnen und Schüler der Klassen sieben bis zehn. Nach der Auswertung der Ergebnisse folgt eine Optimierungsphase, in der Rückmeldungen aus den Testgruppen berücksichtigt werden.
Wie geht es weiter?
Um den methodischen Ansatz weiter zu verfeinern, haben wir unterschiedliche Wege gewählt. Der Naturpark Barnim erarbeitet dabei gemeinsam mit einem externen Dienstleister das Spielformat II, das sich mit den Beständen des Agrarmuseums Barnim Panorama in Wandlitz beschäftigt. Am IfL entwickeln wir derzeit das Spielformat III mit Inhalten zum Schiffshebewerk in Niederfinow.
Falls wir Ihr Interesse geweckt haben und Sie die Methode einmal ausprobieren wollen, folgen Sie diesem Link: http://landschaften-in-deutschland.de/themen/78_b_156-mariannenpark/. Neben einem geschichtlichen Abriss zur Entwicklung des Leipziger Mariannenparks finden Sie hier einen QR-Code, über den Sie mit der Applikation Actionbound eine spielerische Anwendung kostenfrei starten können.
Stephan Pietsch arbeitet als Wissenschaftler im Forschungsbereich „Historische Geographien“ am IfL. Für Videospiele – und Medien allgemein – interessiert er sich aus wissenschaftlich-didaktischer Sicht seit dem Geographiestudium.
Robert Lämmchen hat bereits als Praktikant am IfL im „SpielRäume“-Projekt mitgewirkt. Seit Oktober 2020 verstärkt er das Team als wissenschaftlicher Mitarbeiter.