Die Zerstörung Leipzigs vor 77 Jahren – Fotoausstellung des IfL zeigt Altes und Neues

Leipzig, heißt es, habe einen der schönsten Bahnhöfe Deutschlands. Auf einem historischen Foto klafft in der Fassade der Westhalle ein riesiges Loch. Trümmer versperren die Eingänge. Rückblende: Am 4. Dezember 1943 gegen vier Uhr in der Früh werfen 442 britische Flieger mehr als 300.000 Bomben auf die Messestadt ab. Als die Leipziger aus ihren Schutzräumen klettern, finden sie ihre Stadt vom Vortag nicht mehr vor. Es war der schwerste Luftangriff auf Leipzig während des Zweiten Weltkriegs.

Am stärksten getroffen wurden die Innenstadt und die Vorstädte. Dort entwickelte sich ein Feuersturm, der ganze Quartiere in Schutt und Asche legte. Die offizielle Zahl der Toten wurde mit 1815 beziffert, über 5000 Wohnhäuser waren zerstört, mehr als 100.000 Leipziger meldeten sich obdachlos. Zahlreiche historische Baudenkmäler, die das Stadtbild zuvor geprägt hatten, waren unwiederbringlich verloren. Mit dem Graphischen Viertel ging das Zentrum des deutschen Buchhandels zugrunde.

Ähnlich flächenhaft waren die Zerstörungen in der Südostvorstadt mit den Universitätsinstituten und Kliniken, der West- und der Südvorstadt mit ihren bürgerlichen Wohnquartieren und im Gerberviertel in der Nähe des Hauptbahnhofs mit zahlreichen Hotels. Bis kurz vor der Einnahme der Stadt durch US-amerikanische Einheiten im April 1945 setzten sich die Luftangriffe auf Leipzig fort und führten zu weiteren Verlusten an Menschenleben und Gebäuden.

Bilder von damals und heute

Im Archiv des IfL befindet sich eine Fotosammlung mit Aufnahmen aus dem zerstörten Leipzig. Die meisten Bilder stammen von dem Leipziger Fotografen Johannes Baufeld. Sie dienten als Grundlage zu einer Ausstellung, die wir 2020 anlässlich des Kriegsendes vor 75 Jahren gestaltet haben.

Die online verfügbare Schau zeigt die historischen Fotos aus den Jahren 1945/46 in Gegenüberstellungen zur heutigen Situation. Martin Toste, Bibliothekar am IfL, hat sich mit der Kamera auf Spurensuche in der Stadt begeben und versucht, den Standort des Fotografen am Kriegsende exakt nachzustellen. So entstanden Bildpaare aus der Leipziger Innenstadt, die Auskunft geben, wie sich die Stadt nach 1945 baulich entwickelt hat.

Blick aus der Ritterstraße Richtung Grimmaische Straße
Der Augustusplatz mit Paulinerkirche und Universität

Auch 75 Jahre nach der Zerstörung warten immer noch ungenutzte Flächen auf ihre städtebauliche Wiederbelebung. Nur hie und da wurden ausgebrannte Gebäude wiederaufgebaut und rekonstruiert. Meist entstanden moderne Neubauten, die keinerlei Reminiszenzen an das alte Leipzig aufkommen lassen.

Baugeschichte als Denkanstoß

Mit der Ausstellung „Bilder einer Stadt im Wandel: Leipzig 1946 und heute“ wollen wir nicht nur ins Bewusstsein rufen, wie stark Leipzig im Zweiten Weltkrieg zerstört wurde. Die Fotos sollen auch dazu anregen, über den Umgang mit Geschichte und dem Kulturerbe nachzudenken.


Dr. Heinz Peter Brogiato leitet die Abteilung Geographische Zentralbibliothek/Archiv für Geographie im IfL.

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